Besorgniserregende Ergebnisse brachte eine umfangreiche Testaktion des BUND Niedersachsen zutage. Im April wurden zahlreiche, als „bienenfreundlich“ deklarierte Pflanzen in Baumärkten, Supermärkten und Gartencentern in Niedersachsen auf Pestizide untersucht. Niedersächsische BUND-Gruppen sammelten 85 Pflanzenproben in 43 Geschäften ein. Das Ergebnis ist alarmierend: Fast alle Pflanzen enthielten Pestizide, teils in großem Umfang und hochgiftig, bis hin zu verbotenen Substanzen. Der BUND kritisiert den massiv erhöhten Einsatz von gefährlichen Pestiziden, der nicht nur Insekten, sondern auch die menschliche Gesundheit gefährden kann.
Susanne Gerstner, Vorsitzende des BUND Niedersachsen: „Die Resultate der Testaktion sind erschreckend. Bei den untersuchten Pflanzenproben wurden 561 Pestizidnachweise geführt. Das sind im Durchschnitt 6,4 je Pflanze. Mehr als die Hälfte der Pflanzenproben enthielten für Bestäubungsinsekten hochgradig giftige Pestizide – das ist alles andere als „bienenfreundlich“ und nicht nur schlecht für unsere Umwelt, sondern auch für uns Menschen. Besonders kritisch ist, dass in 35 Fällen Pestizide nachgewiesen wurden, die seit mehreren Jahren in der EU nicht mehr zugelassen sind, wie Bifenthrin und Diphenylamin. Wir fordern dringend strengere Kontrollen von Lieferanten und Produzenten, um einen giftfreien Pflanzenanbau zu gewährleisten und Verbraucher*innen zu schützen.“
Der BUND kritisiert, dass im Gartenbau oftmals viel zu viele Pestizide eingesetzt werden, die zudem hochgiftig für Bestäuber sind. Lediglich 3 von 85 Proben wiesen keine Pestizidrückstände auf. Zudem ist der Begriff „bienenfreundlich“ nicht geschützt, wodurch Verbraucher*innen getäuscht werden können. Anstatt Insekten etwas Gutes zu tun, schadet man ihnen sogar durch den Kauf stark belasteter, aber als „bienenfreundlich“ deklarierter Blühpflanzen.
In 33 Fällen wurden Stoffe nachgewiesen, die das Potenzial haben, beim Menschen möglicherweise Krebs auszulösen oder Fruchtbarkeit und Erbgut zu schädigen, wie beispielsweise Epoxiconazol und Propiconazol. Nicht nur Zierpflanzen wiesen teils auffallend erhöhte Pestizidwerte auf, sondern auch Küchenkräuter, wie Rosmarin und Bohnenkraut. Darüber hinaus können Pestizidrückstände in unser Grundwasser gelangen und somit in den natürlichen Wasserkreislauf eindringen – mit dem Risiko, am Ende wieder in unserer Nahrung zu landen.
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Hannover: „Obwohl Pestizide für die Verbraucher*innen unsichtbar sind, haben sie einen direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Pestizide tragen zum weltweiten Artensterben bei, was langfristig durch fehlende Insekten unsere Ernährungssicherheit bedroht. Zudem stehen sie im Verdacht, schwerwiegende Krankheiten auszulösen. Besonders betroffen sind hierbei Landwirt*innen, die im direkten Kontakt mit Pestiziden arbeiten und dadurch ein erhöhtes Risiko haben, zum Beispiel an Parkinson zu erkranken.“
Kritisch sieht der BUND auch, dass die im Rahmen der Testaktion befragten Verkaufsstellen kaum Kenntnis über die Kulturmethoden ihrer Lieferbetriebe hatten. Nur wenn die Handelsstellen Verantwortung übernehmen und ihren Zulieferern konsequent strengeren Kontrollen unterziehen, können Gesundheit und Umwelt vor giftigen Pestiziden geschützt werden.
Hintergrund:
Im Rahmen der Testaktion wurden in verschiedenen Städten und Landkreisen in Niedersachsen, unter anderem in Hannover, Celle, Lüneburg, Göttingen, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Vechta, Rotenburg, Wolfenbüttel, Stade, Osterholz und Salzgitter Pflanzenproben in verschiedenen Gartencentern, Baumärkten und Supermärkten gekauft und anschließend zentral in einem Speziallabor auf Pestizidrückstände analysiert. Der Fokus lag auf als „bienenfreundlich“ etikettierten Pflanzen. Alle Proben wurden mittels eines Multitests untersucht, der rund 600 Einzelsubstanzen erfasst. Die Auswertung erfolgte unter Nutzung des Ökotox-Index, der die Giftwirkung auf unterschiedliche Arten von Organismen in Luft, Wasser und Boden sowie die Schädlichkeit für Menschen, Boden und Gewässerpersistenz berücksichtigt.
Ökotipps für ein bienenfreundliches Gärtnern finden Sie hier:
www.bund-niedersachsen.de/tipp-bienenfreundlich-gaertnern
Bei Rückfragen:
Dr. Bernd Alt, Pestizidzuständiger BUND Hannover, altnetz(at)htp-tel.de
Jakob Grabow-Klucken, Bienenexperte, BUND Niedersachsen, jakob.klucken(at)nds.bund.net
BUND-Pressestelle:
Lara-Marie Krauße, Tel. (0511) 965 69 – 32 oder Mobil (01515) - 33 111 88, presse(at)nds.bund.net, www.bund-niedersachsen.de